“Chamäleon hat Vereinsvermögen in „Schlachthaus Schlabbeck“ investiert”
Bericht vom Redakteur der Rheinzeitung Ulf Steffenfauseweh (Rheinzeitung vom 29./30. Juni 2013)
Neuwied. Ein gar gruseliges Imperium hat sich in Neuwied breit gemacht: Schlachter Schlabbeck und seine Schergen haben in der ehemaligen Schlemmerkuppel ihr Domizil errichtet und spinnen von dort aus ihre düstere Machenschaften. Doch Rettung ist in Sicht: Die Theatergruppe Chamäleon hat eine Anti-Schlabbeck-Force (ASF) angeworben, die dem Bösewicht an den Kragen soll.
Das Problem dabei: Die bisherigen Mitglieder sind – sagen wir es einmal so… – nicht gerade geborne Helden. Es steht zu befürchten, dass sie allein auf verlorenem Posten sind. Und deshalb benötigen sie dringend Unterstützung: von Menschen, die sich gern gruseln, dabei aber auch immer wieder lachen wollen und eine spannende Geschichte zu schätzen wissen.
Denn „Das schreckliche Schlachthaus Schlabbeck“ ist Schauspiel, wenngleich kein normales. Vielmehr ist es eine Art interaktives Privattheater. Jeweils zwei oder drei Zuschauer begeben sich dabei zusammen mit einem ASF-Scout für rund eine Stunde in das „Horrorhaus“, das die Theatergruppe Chamäleon in die neue Kulturkuppel gebaut hat. Sie werden dabei in das Schauspiel mit einbezogen, allerdings – das betont Regisseur Oliver Grabus – ohne direkt angefasst zu werden.
Wie der Chamäleon-Chef weiter erzählt, wird sich der Zuschauer zwar erschrecken, das Haus aber nicht verängstigt verlassen. „Ich würde es eher als spannendes, intensives Erlebnis umschreiben“, sagt er und stellt gleichzeitig klar, dass es „keine Geisterbahn zum Durchgehen“ ist.
Für Neuwied ist das Horrorhaus ein absolutes Novum – und zwar eines, das für Chamäleon ein echtes Wagnis darstellt. „Wir stecken unser gesamtes Vereinsvermögen in das Projekt“, sagt Grabus, der die Kosten auf insgesamt 10 000 Euro beziffert. Dabei ist der Regisseur (natürlich) aber „sehr überzeugt von dem, was wir tun“.
Schließlich trägt er den Gedanken an ein solches Projekt schon lange mit sich herum und hat in großen Erlebnisparks Vergleichsobjekte studiert. Jetzt kamen gleich zwei Dinge zusammen, die ihm den Zeitpunkt für die Realisierung richtig erschienen ließen: Zum einen der Umbau der Schlemmer- in die Kulturkuppel (die RZ berichtete). Deshalb ist nicht nur genug Platz vorhanden, der vorgefundene Zustand lässt auch gar nicht viel anderes zu. „Viele Leute haben mich gefragt: Warum machst Du nichts Vernünftiges hier herein?“, erzählt Grabus. „Aber hier funktioniert ja fast nichts mehr. Von der Wasserversorgung über die Belüftung bis zum Kühlhaus – für eine echte Restaurierung hätten wir Zehntausende in die Hand nehmen müssen. So blieb uns nichts anderes übrig, als das Haus so zu nutzen, wie es ist: als Kulisse.“ Und, das unterstreicht er, das Horrorhaus sei ja auch nicht identisch mit der Kulturkuppel, sondern nur ein Teil darin. Und zwar der, von dem er erhofft, dass er Geld einspielt, mit dem das große ganze Projekt vorangetrieben werden kann.
Punkt zwei ist die gerade erfolgreich gestemmte Evita-Produktion. Schlachthaus Schlabbeck sei nun wieder etwas völlig anderes: „Thrash“, nennt er es selbst und betont: „Wir lassen uns eben in keine Schublade stecken.“
Den Nerv vieler Jugendlicher scheinen Grabus und seine Mitstreiter getroffen zu haben. Gerade bei jungen Leuten habe es viel Zulauf zur sonst altersmäßig gut gemischten Schauspielcrew gegeben.
Das Stück selbst ist für alle Altersschichten geeignet. Mit der Einschränkung, dass Chamäleon sich freiwillig eine FSK 16-Beschränkung auferlegt hat. Über eine abgeschwächte Kinderführung denken die Theaterleute noch nach. Und wenn ein 14- oder 15-Jähriger mit seinen Eltern komme, werde man diesen auch nicht abweisen, sagt Grabus. Denn er betont noch einmal, dass das Stück eben nicht verstörend sei – auch wenn erste Trailer im Internet vielleicht diesen Eindruck erweckt habe.
Quelle: Rheinzeitung vom 29./30. Juni 2013
Mit freundlicher Genehmigung der Rheinzeitung!