Musical Evita im Neuwieder Schlosstheater: ein geglücktes Experiment
Neuwied – Was für ein kühnes Vorhaben: Da wagt sich die Landesbühne Rheinland-Pfalz im kleinen, feinen Neuwieder Schlosstheater doch tatsächlich an die große „Evita”. Jenes weltberühmte Musical aus der Feder von Andrew Lloyd Webber, das Michael Kunze ins Deutsche übertragen hat. Und dann greift Benjamin Baumann für seine Inszenierung auch noch – von den fünf Hauptrollen einmal abgesehen – auf Neuwieder Laiendarsteller zurück. Kann das gut gehen? Ja, es kann.
Die Geschichte der argentinischen Präsidentengattin Eva Perón kennt fast jeder und das Lied „Don’t cry for me Argentina” (Wein nicht um mich, Argentinien) ohnehin. Für die Neuwieder Produktion hat Benjamin Baumann auf eine bewährte Evita-Darstellerin zurückgegriffen: Simone Kerchner, die die Evita bereits vor elf Jahren auf der Hessischen Landesgartenschau in Hanau verkörpert hat. 2004 war sie erneut in diesem Musical zu sehen.
Auch wenn Simone Kerchner 2002 mit „Evita” ihren Durchbruch feierte und mit dieser Rolle ihre Gesangskarriere startete, liegen die Qualitäten der Darstellerin mit der klassischen Gesangsausbildung in Neuwied nicht eben in der stimmlichen Interpretation der Evita. Es ist vielmehr das schauspielerische Talent, mit dem sie die Rolle ausfüllt und ihr Charakter verleiht. Eindeutiger Höhepunkt ist in diesem Zusammenhang die legendäre Radioansprache Evitas, mit der sie unter schwindenden Kräften ihren Rückzug aus der Öffentlichkeit ankündigt. Da zeigt Simone Kerchner, was in ihr steckt.
Aufgrund der vergleichsweise winzigen Bühne und des fehlenden Platzes für Orchester und Chor mussten die Verantwortlichen zahlreiche Kompromisse eingehen. So wurde die Musik vorab auf Band eingespielt; Nino Jung zeichnet dafür verantwortlich und hat seine Sache gut gemacht. Auch die Chorsequenzen kommen vom Band: Den Mitgliedern des Chamäleon-Ensembles gelingt es – von Neuwieds Kirchenmusikdirektor Thomas Schmidt bestens vorbereitet –, ihren Livegesang auf der Bühne einfühlsam und unauffällig mit diesem Tonband zu verbinden. In Bad Godesberg hingegen ist genügend Platz: Da singt dann der Neuwieder Jugendchor Vivace live.
Überhaupt leisten die insgesamt 29 eingesetzten Mitglieder des Theatervereins Chamäleon Schwerstarbeit. Sie schlüpfen von einem Kostüm ins nächste, sind mal als Offiziere zu sehen, dann als jubelndes argentinisches Volks. Mal als Gäste einer Kneipe, dann als Teilnehmer an der Beerdigung Evitas. Und auch Chamäleon-Chef Oliver Grabus ist nicht zu beneiden. Es hat nicht nur monatelang mit den Laiendarstellern für das Musical geprobt und die künstlerische Leitung innegehabt. Er spielt zudem im Stück den Magaldi, eine der Hauptrollen, und beweist dabei bislang ungeahntes Gesangstalent. Damit nicht genug: Kaum hat er das Magaldi-Kostüm abgelegt, ist er auch schon in zahlreichen Nebenrollen zu sehen. Teilweise bleibt ihm nur eine Minute für einen kompletten Kostümwechsel. Respekt!
Die Chamäleons machen ihre Sache prima, beweisen in einzelnen Szenen auch komisches Talent und bewegen sich – in der eleganten Choreografie von Claudia Lichtwardt-Seeliger – derart professionell, dass Fremde sie wohl gar nicht als Laien wahrnehmen werden. Eine stimmliche Offenbarung ist übrigens Madline Gerhardt aus Koblenz. Sie überzeugt in der Rolle von Peróns Geliebter und stellte Simone Kerchner gesanglich in den Schatten. Auch die Leistung des Musicaldarstellers Sascha Krebs, der den Che Guevara spielt, überzeugt. Insgesamt eine sehenswerte Inszenierung. (mp)
Mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Zeitung
Quelle: http://www.rhein-zeitung.de/region/neuwied_artikel,-Musical-Evita-im-Neuwieder-Schlosstheater-ein-gegluecktes-Experiment-_arid,595550.html (RZ Neuwied-Linz, vom 13.05.2013)
Fotoimpressionen von Tanja Schiffzik (Chamäleon):
Karten & Kontakt:
VVK läuft !!!
Landesbühne Rheinland-Pfalz gGmbH im Schlosstheater Neuwied
Theaterplatz 3
D – 56564 Neuwied
Kartenpreise:
€ 24,50 / € 21,00 / € 18,00
Weitere Infos:
http://www.schlosstheater-neuwied.de/auffuehrungen-spielzeiten/spielzeit20122013/evita.htm
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