Neuwied – Das Wort „Käsewurst” bekommt plötzlich eine neue Bedeutung. Denn es ist der Notanker. Laut und vernehmlich ausgesprochen, bedeutet es das Ende des Schreckens, den Ausweg aus dem Martyrium in Schlachthaus Schlabbeck.
Einem Grusel, dem sich gerade 13 Besucher der damit ausverkauften Vorstellung der Theatergruppe Chamäleon in der ehemaligen Neuwieder Schlosspassage freiwillig ausgesetzt haben. Und jetzt müssen sie durch das Horrorkabinett des Schlachters Schlabbeck, durch dunkele Räume vorbei an gruseligen Fratzen und jeder Menge blutverschmierter Gesichter. Gerade haben sie die Empfangsdame und Wirt Bruno eindrucksvoll auf ihre Aufgabe eingeschworen. Sie müssen als frische Rekruten der Anti Schlabbeck Force (ASF) ein Mitglied der Einheit finden und sich vor allem vor den sogenannten Reißern in Acht nehmen. Das sind die Schergen des Schurken, und sie lauern überall.
35 Schauspieler sind bei jeder Vorstellung im Einsatz. Aufwendig geschminkt und verkleidet machen sie sich ans Werk, den Besuchergruppen in 25 Kulissen, die sich über mehrere Stockwerke der Passage verteilen, das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Dazu kommt jede Menge Technik, um für das passende Licht und den schaurigen (Unter-)Ton zu sorgen.
Oliver Grabus ist einer der Initiatoren des Theaterprojekts, das es in dieser Form in der Deichstadt noch nie gegeben hat. Die Idee hinter dem Schlachthaus Schlabbeck erklärt er so: „Wir nehmen das, was da ist, und machen was draus.” Damit meint er, dass er und seine Chamäleon-Kollegen aus der einstigen Passagen eine Art begehbare Geisterbahn gemacht haben. Wobei er sich gegen den Begriff ein wenig sträubt. „Da wird ja schließlich auch gespielt.” Das stimmt, und die Darsteller nehmen ihre Rollen wahrlich ernst.
Das bekommen auch die 13 wagemutigen ASF-Rekruten zu spüren. Immer wieder stürzen zombieähnliche Gestalten heran. Und es nimmt dem Ganzen nicht eben den Schrecken, wenn die Truppe auch noch in vier kleinere Gruppen aufgeteilt wird, die sich zeitversetzt durch das Labyrinth vortasten, plötzlich in Kammern eingesperrt sind, über knirschende Böden laufen und schließlich dem tobenden Schlachter selbst in die Augen blicken müssen. Wie diese Begegnung ausgeht? Das wird hier natürlich nicht verraten.
Zugegeben, die Geschichte könnte mitunter griffiger sein, aber darauf kommt es den Machern des 60-minütigen Gruselspaßes auch gar nicht so sehr an. „Das ist Trash”, sagt Grabus, und es ist klar, dass er damit nicht meint, dass das Ganze Müll ist, sondern vielmehr eine Kunstform – eine Form von modernem Theater, die offenbar den Geschmack eines sehr gemischten Publikums trifft, denn der Altersabstand zwischen dem jüngsten und dem ältesten Gast ist schon beträchtlich.
Gefallen hat es auf jeden Fall Susanne Nies: „Ich fand’s superklasse!” sagt sie und freut sich, dass es so ein Angebot in der Deichstadt gibt. Und Lea Germscheid empfiehlt: „Es war gut, mit einer vertrauten Person durchzugehen.” Für schwache Nerven ist „Schlachthaus Schlabbeck” jedenfalls nichts. Immerhin haben schon drei Besucher vom Codewort „Käsewurst” Gebrauch gemacht. Markus Gerhold
Mit freundlicher Genehmigung der Rheinzeitung